Auftrumpfen in Kasan
TISCHTENNIS: Bielefelder Studentin und Zweitligaspielerin fährt zur Universade
26.06.2013
VON JOHNNY DÄHNE
Bielefeld. Locker-lässig tippt
Katharina Michajlova die kleine Zelluloid-Kugel mit ihrem
Tischtennisschläger auf dem Rand des Altstadt-Brunnens auf und ab,
findet dabei spielerisch noch die Zeit, unverkrampft in die Kamera zu
lächeln. Ein guter Test für die Deutsche Nummer 30, denn ein Vielfaches
an Objektiven wird ab dem 6. Juli bei der Universiade im russischen
Kasan auf die Bielefelder Studentin gerichtet sein.
"Ich freue mich riesig auf die Universiade, aber ich versuche
bereits, die Erwartungen an Kasan herunterzuschrauben. So, wie vor zwei
Jahren in China kann es einfach nicht noch mal werden", sagt Katharina
Michajlova. Die 24-jährige, die Sozialwissenschaften und Psychologie im
sechsten Semester studiert, vertrat damals die deutschen Farben in
Shenzhen. Dort wurde den Sportlern jeder Wunsch von den Augen abgelesen.
Alles war perfekt. "Ich muss mir jetzt wieder selbst die Tür aufmachen,
es gibt keine extra eingerichtete Fahrspur auf der Straße, keinen
Extra-Eingang, und meine Waschmaschine wird sich nicht so über meine
dreckige Wäsche freuen, wie es die Chinesen im Waschsalon getan haben",
schrieb Michajlova 2011 in ihrem privaten Internet-Blog zu der
Universiade.
Einen Blog wird sie auch dieses Mal wieder schalten, auch wenn sie in
Russland so viele Annehmlichkeiten erwartet. Sportlich will die im
ukrainischen Cherson geborene und mit vier Jahren nach Deutschland
gekommene Athletin ähnlich wie in China mit dem Einzug in die Runde der
letzten 32 überzeugen, wobei sie weiß, dass viel von der Auslosung
abhängen wird. "Länder wie China, Japan oder auch Frankreich nehmen die
Universiade sehr ernst und schicken teilweise Spieler aus den Top Ten
der Weltrangliste zu dem Turnier. Gegen die hat man dann eigentlich
keine Chance", sagt Michajlova, die auch im Doppel und im Mixed antreten
wird. Dass diese Spieler von Weltniveau dann meist nur an einer
Universität eingeschrieben sind und "nicht so gewissenhaft studieren wie
ich" (Michajlova schmunzelnd), steht auf einem anderen Blatt, oder in
diesem Fall: auf einer anderen Platte.
Dass Studium und Tischtennis auf internationalem Niveau nicht vereinbar
sind, diese Erfahrung machte Katharina Michajlova bereits. Als Kind und
später als Jugendliche war sie sechs Jahre in den Sportinternaten
Heidelberg und Düsseldorf, wo Tischtennis ihr Lebensmittelpunkt war.
"Als Topathlet trainiert man fünf bis sechs Stunden am Tag. Mir war
schon früh klar, dass ich unbedingt studieren wollte und nicht nur auf
Tischtennis setze.
Dort ist es aber so, dass die Trainer meist nur Spieler akzeptieren, die
ihren Tagesablauf voll nach dem Sport ausrichten", sagt die 24-Jährige,
die mittlerweile in der "Orangenkiste", Bielefelds bekanntestem
Uni-Wohnheim, zuhause ist. Klar, dass die hochwertige Ausbildung ihr
heute als Zweitligaspielerin zugute kommt. Fünf Jahre spielte sie für
die SG Marßel Bremen, ehe sie ab der kommenden Saison für den TuS Bad
Driburg an die Platte geht. Doch jetzt steht für die fließend Russisch
sprechende Katharina erst mal Kazan an, wo sie bei der insgesamt 150
Sportler umfassenden deutschen Delegation auch andere Sportarten
besuchen möchte.
"Leichtathletik, Basketball und Beachvolleyball waren in Shenzhen super.
In Kasan werde ich mir das auch wieder anschauen", sagt Michajlova.
Dass Tischtennis unter den insgesamt 26 dort auszutragenen Sportarten,
ähnlich wie in Deutschland, nicht im vordersten Fokus des öffentlichen
Interesses steht, ficht die kesse Rechtshänderin nicht an: "Das stört
mich überhaupt nicht. Ich freue mich einfach darauf, dabei sein zu
dürfen."
(Quelle: Neue Westfälische Bielefeld)
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